Unternehmenskommunikation – ein weites Feld …

Wenn man über Kommunikations-Controlling und -Evaluation spricht, dann bezieht man sich dabei auf Unternehmenskommunikation (bzw. Organisationskommunikation). Doch was beinhaltet Unternehmenskommunikation im Zeitalter der Digitalisierung und konvergierender Medien? Verschmelzen hierbei auch bisher voneinander trennbare Abteilungen der Kommunikation? Was unterscheidet Public Relations/ Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Marketing-Kommunikation?

Definitionen

Wenn man sich den Bereich Social Media anschaut, ist oft nicht klar, welche Rolle die Kommunikation auf Plattformen wie Facebook, Twitter, YouTube, Google+, XING oder LinkedIn sowie in Corporate Blogs im Kommunikationsmix eines Unternehmens spielt. Wenn man sich die einschlägige Literatur (Mast 2010, Zerfaß 2007, Röttker 2009, Bruhn 2009) anschaut, lassen sich zwei Strömungen klar voneinander trennen: Die Vertreter der Public Relations stammen aus einem eher kommunikationswissenschaftlichen, die des Marketing aus einem eher betriebswirtschaftlichen Umfeld.

Unternehmenskommunikation

Als Oberbegriff für beide Bereiche hat sich der der Unternehmenskommunikation herausgebildet:

„Als Unternehmenskommunikation bezeichnet man alle Kommunikationsprozesse, mit denen ein Beitrag zur Aufgabendefinition und -erfüllung in gewinnorientierten Wirtschaftseinheiten geleistet wird und die insbesondere zur internen und externen Handlungskoordination sowie Interessenklärung zwischen Unternehmen und ihren Bezugsgruppen (Stakeholdern) beitragen. […] Systematisch unterscheidbare Teilbereiche der Unternehmenskommunikation sind Interne Kommunikation, Marktkommunikation und Public Relations.“ (Zerfaß 2007, S. 23)

„Unternehmenskommunikation umfasst das Management von Kommunikationsprozessen, die zwischen Unternehmen und ihren internen bzw. externen Umwelten ablaufen. […] Funktionsfelder der Unternehmenskommunikation sind die transaktionsorientierte Marktkommunikation, die aufgabenorientierte Mitarbeiterkommunikation und die interaktionsorientierte Public Relations mit Bezugsgruppen aus dem sozialen und politischen Umfeld.“ (Mast 2010, S. 24)

Beide Definitionen unterscheiden zwischen der internen (Mitarbeiter-)Kommunikation und der Kommunikation mit der externen Umwelt des Unternehmens. Zudem werden Marktkommunikation und Public Relations als voneinander getrennte Bereiche angesehen. Die Marktkommunikation dient hierbei der „Anbahnung/ Verhinderung von Verträgen“, Public Relations hingegen dem „Beziehungsmanagement und der Imagepflege“ (Zerfaß 2007, S. 41).

Marketing und Marketingkommunikation (Marktkommunikation)

Betriebswirtschaftliche Ansätze arbeiten mit dem Begriff des Marketing, welcher die marktorientierte Unternehmensführung, die Entwicklung, Umsetzung und Kontrolle der Angebote, die Kommunikation und den physischen Vertrieb sowie das Konzept der Wertorientierung von Unternehmenshandlungen beinhaltet (vgl. Griese/ Bröring 2011, S. 9 f.). Der Klassiker der Marketingdefinitionen beschreibt Marketing als:

„Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potenziellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. Durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse sollen die Unternehmensziele verwirklicht werden.“ (Meffert/ Bongartz 2000, S. 8)

Somit stellt das Marketing ein Kernelement der Unternehmensführung und des Managements dar. Nach dem Paradigmenwechsel im Marketing (vom transaktionalen zum dialogorientierten Marketing (CRM); vgl. Bruhn 2009, S. 10) wird die Marketingkommunikation (bzw. Marktkommunikation; Begriffe werden laut Wikipedia synonym verwendet) als Kommunikationspolitik im Marketingmix verstanden (vgl. Fuchs/ Unger 2007, S. 43 ff.).

Public Relations

Der Begriff Public Relations wird in den genannten Strömungen unterschiedlich eingeordnet:

„Public Relations aus der sozialwissenschaftlichen Perspekive konzentriert sich auf die Pflege und Optimierung der Kommunikationsbeziehungen zu den wichtigsten Stakeholdergruppen; aus der wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive ist PR eines von vielen Marketinginstrumenten, nimmt aber eine Sonderstellung ein.“ (Mast 2010, S. 24)

Eine Abgrenzung von PR und Werbung erscheint als etwas kniffliger, unterscheidet sich in den konkreten Zielen bzw. Vorgehensweisen und haben fließende Übergänge (ebd.). Was ist nun eigentlich Öffentlichkeitsarbeit? PR sieht sich ja als Instrument zur Pflege externer Beziehungen – und nichts anderes ist doch die Arbeit in und mit der Öffentlichkeit, oder? Scheinbar beschreiben beide Begriffe die gleiche Sache: „In Deutschland wird synonym zu Public Relations auf die Bezeichnung Öffentlichkeitsarbeit benützt. […] Die Bezeichnung Öffentlichkeitsarbeit hat ihren Höhepunkt überschritten und wir langsam ersetzt“ (Mast 2010, S. 18).

Zur Integration von PR in betriebswirtschaftliche Ansätze ergänzt Claudia Mast:

„Ausgangspunkt der Marketing-Kommunikation sind Märkte und die (vermeintlichen) Bedürfnisse der Menschen. PR hingegen denkt in Kommunikationsbeziehungen und Beziehungsqualitäten. Teilgebiete wie Produkt-PR, Marken-PR, oder das Reputationsmanagement lassen sich ohne große Mühe – z.B. unter dem Dach eines integrierten Marketing – einbinden. Was aber passiert mit dem Issues oder Risk Management, das langfristig orientiert ist und weniger aus dem Leitbild eines Unternehmens aus den Märkten (ökonomischer Akteur) als vielmehr mit Blick auf die Gesellschaft und die Verantwortung ihr gegenüber (gesellschaftlicher Akteur) gespeist wird?“ (ebd., S. 14)

Kommunikationsmanagement

Die unterschiedlichen Auffassungen und Perspektiven müssen letztendlich unter dem Dach des Unternehmens zusammengeführt werden. Die Aufgabe der Koordination der Kommunikation wird als Kommunikationsmanagement definiert:

„Kommunikationsmanagement ist Management durch Kommunikation und Management der Kommunikation. Kommunikationsmanagement ermittelt Werte und Interessen der Stakeholder, integriert sie in unternehmerisches Handeln und gestaltet die Kommunikation in konkreten Situationen des Unternehmens.“ (Mast 2010, S. 24)

Hierbei wird der Unterschied zur Unternehmenskommunikation deutlich: Während dort der Blick auf die konkreten Kommunikationsprozesse und -bereiche gerichtet wird, betont man beim Kommunikationsmanagement den Aspekt der strategischen Steuerung und den Abgleich mit Unternehmenszielen:

„Strategisches Management der Kommunikationsprozesse steuert den Wandel der Kommunikationsbeziehungen unter Einsatz von Medien aller Art oder will die Prozesse – richtungsweisend – beeinflussen. Hierbei geht das Kommunikationsmanagement immer weniger von individuellen Beliebigkeiten, situativen Zufälligkeiten oder gar einseitigen Ausrichtungen auf einzelne Medien aus, sondern orientiert sich an Unternehmenswerten und -zielen sowie an den Werten und Interessen der Stakeholder.“ (ebd., S. 17 f.)

Die Unternehmenskommunikation ist somit das Resultat des Kommunikationsmanagements:

„Als Kommunikationsmanagement bezeichnet man den Prozess der Planung, Organisation und Kontrolle von Kommunikationsaktivitäten, also von symbolischen Handlungen, die eine Verständigung und darauf aufbauend eine zweckorientierte Beeinflussung bestimmter Rezipienten zum Ziel haben […]. Der Gegenstand und Ausfluss dieser Bemühungen ist die Unternehmenskommunikation. Sie umfasst alle Kommunikationsprozesse zur internen und externen Handlungskoordination sowie Interessenklärung zwischen Unternehmen und ihren Bezugsgruppen (Stakeholdern). […] Diese Handlungsfelder [PR, Marketing] sind durch unterschiedliche Koordinationsmodi gekennzeichnet, aber zugleich untrennbar miteinander verwoben und auf die gleiche Unternehmensstrategie hin auszugestalten. Deshalb ist eine formal, inhaltlich, zeitlich und dramaturgisch integrierte Unternehmenskommunikation besonders erfolgsträchtig“ (Zerfaß 2005, S. 202 f.)

Integrierte Kommunikation

Die Harmonisierung der unterschiedlichen Instrumente und Maßnahmen der Unternehmenskommunikation bezeichnet man als integrierte Kommunikation:

„Integrierte Kommunikation ist ein strategischer und operativer Prozess der Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation von Unternehmen eine Einheit herzustellen, um ein für die Zielgruppen der Kommunikation konsistentes Erscheinungsbild des Unternehmens bzw. eines Bezugsobjektes der Kommunikation zu vermitteln.“ (Bruhn 2009, S. 22)

Aus diesem Grund verwundert es auch nicht, dass es in größeren Unternehmen den Verantwortungsbereich „Corporate Communications“ gibt, wodurch Barrieren zwischen unterschiedlichen Kommunikationsabteilungen (Marketing und Public Relations) überwunden werden sollen. An dieser Stelle konzentriert sich die Unternehmenskommunikation, wobei strategische und operative Elemente des Kommunikationsmanagements prozessorientiert zusammenlaufen (vgl. Bruhn/ Ahlers 2009).

Implikationen für das Kommunikations-Controlling

Ausgehend von einer ganzheitlichen Unternehmenskommunikation muss das Kommunikations-Controlling ebenso ganzheitlich betrachtet werden, also sämtliche Bereiche der Unternehmenskommunikation abdecken. Dennoch gibt aus unterschiedlichen Gründen verschiedene Ansätze zur Erfolgskontrolle. Auch hier ist wieder eine Trennung zweier Strömungen möglich: In sozial- und kommunikationswissenschaftlicher Tradition werden vorwiegend Methoden der Evaluation verwendet (z.B. Medienresonanzanalyse). Aus Sicht der Unternehmensführung und des Managements reicht die Evaluation einzelner Kommunikationsmaßnahmen nicht aus, denn Erfolg von Kommunikation lässt sich damit nicht vergleichbar quantifizieren. Ebenso sollte man sich nicht mit einem reinen Marketing-Controlling zufrieden geben. Mit Hilfe des Kommunikations-Controllings als umfassender Bezugsrahmen für das Kommunikationsmanagement und entsprechender Ansätze (z.B. Balanced Scorecard-Systeme) soll die gesamte Unternehmenskommunikation mess- und bewertbar gemacht werden. Die einzelnen Stufen von der Evaluation zum Kommunikations-Controlling möchte ich daher im nächsten Beitrag näher beleuchten.

Nachtrag (30.12.2011):
Im Rahmen des European Communication Monitor 2011 wurden 2.209 PR- und Kommunikationsverantwortliche in Organisationen und Unternehmen aus 43 europäischen Staaten befragt. Dabei wurde auch nach passenden Alternativbezeichnungen der internen und externen Kommunikation gefragt. Durch die konvergierenden Bereiche in der Organisations- und Unternehmenskommunikation scheinen sich auch neue Bezeichnungen durchzusetzen. Folgende Bezeichnungen wurden besonders gut bewertet: Corporate Communication, Strategic Communication und Communication Management. Erst an vierter Stelle taucht die vermeintlich bisher eigentlich sehr geläufige Bezeichnung Public Relations auf. Inwiefern diese Bewertungen den aktuell gebräuchlichen Bezeichnungen des Verantwortungsbereichs Kommunikation innerhalb der Unternehmen/ Organisationen entsprechen, geht aus der Befragung nicht hervor.

Konzepte zur Bezeichnung interner u. externer Kommunikation (Quelle: ECM 2011, S. 27)

Literatur:

Bruhn, M. (2009): Integrierte Unternehmens- und Markenkommunikation. Strategische Planung und operative Umsetzung. 5., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Bruhn, M./ Ahlers, G. M. (2009): Zur Rolle von Marketing und Public Relations in der Unternehmenskommunikation. Bestandsaufnahme und Ansatzpunkte zur verstärkten Zusammenarbeit. In: U. Röttker (Hrsg.): Theorien der Public Relations. Grundlagen und Perspektiven der PR-Forschung. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 299-315.

ECM (2011): European Communication Monitor 2011. Empirical Insights into Strategic Communication in Europe. Abgerufen am 30.12.2011 unter http://www.communicationmonitor.eu/ECM2011-Results-ChartVersion.pdf.

Fuchs, W./ Unger, F. (2007): Management der Marketing-Kommunikation. 4., aktualisierte und verbesserte Auflage. Berlin/ Heidelberg: Springer.

Griese, K.-M./ Bröring, S. (2011): Marketing-Grundlagen. Eine fallstudienbasierte Einführung. Wiesbaden: Gabler.

Mast, C. (2010): Unternehmenskommunikation. 4., neue und erweiterte Auflage. Stuttgart: Lucius & Lucius.

Meffert, H./ Bongartz, M. (2000): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung,
Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele. 9. Auflage. Wiesbaden: Gabler.

Piwinger, M./ Zerfaß, A. (Hrsg.) (2007): Handbuch Unternehmenskommunikation. Wiesbaden: Gabler.

Röttker, U. (Hrsg.) (2009): Theorien der Public Relations. Grundlagen und Perspektiven der PR-Forschung. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Zerfaß, A. (2005): Rituale und Verifikation. Grundlagen und Grenzen des Kommunikations-Controllings. In: Rademacher, L. (Hrsg.): Distinktion und Deutungsmacht. Studien zu Theorie und Pragmatik der Public Relations. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 181-220.

Zerfaß, A. (2007): Unternehmenskommunikation und Kommunikationsmanagement: Grundlagen, Wertschöpfung, Integration. In: M. Piwinger, A. Zerfaß (Hrsg.): Handbuch Unternehmenskommunikation. Wiesbaden: Gabler, S. 21-70.

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